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Masaccio, die Perspektive und Europa
Ein Versuch über den Bilderrahmen
Leander Kaiser, 1988/2006
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Doch war es für diese Menschen mit Gruß, Fürbitte, Gebet und Sakrament nicht abgetan. War der Raum durch die Ikone geheiligt, so wird er durch das Renaissancebild welthaft, Ikone ist Anwesenheit des Abbilds und damit des Urbilds der Gottheit an dem Ort, Ubergehen des Weltlichen in das jenseitige Wesen des Daseins. Die Ikone ist ein offener Schalter des Himmels für Bitte, Verehrung und Anbetung; zeitweise waren diese Schalter geschlossen. Das neuzeitliche Tafelbild religiöser Thematik repräsentiert dagegen das intellektuelle Leben im geistigen Raum der Religionen. Es ist das Medium, mit der christlichen Weltanschauung wieder ins Reine zu kommen, ein Orientierungssystem des religiösen Denkens.

Für den Anbeter der Ikone ist Gott ein Faktum, wenn auch ein geheimnisvolles, undurchschaubar diesseitig-jenseitiges Wesen. Für den Betrachter des Renaissancebildes ist Gott zu einem Teil seiner christlichen Weltanschauung geworden. Insofern hat Heidegger Recht, der moderne Mensch glaubt nicht, sondern hat ein Weltbild , spiritualistische und spiritistische Glaubensvirtuosen vielleicht ausgenommen. Und das Christentum hat es so an sich, vollständig erst als kohärent durchdachte Weltanschauung zu sein, also eine Theologie zu sein, die der Philosophie bedarf: es ist erst ganz Christentum, wenn der Glaube im Grunde schon schwindet, und wenn es bloß geglaubt wird ist es kein Christentum.

Die Ikone wie das Sakrament, der Altar, das Kreuz, das Ziborium heiligt den Raum. Das Renaissancebild macht ihn welthaft und gibt ihm die Würde der menschlichen Erfahrung in ihren höchsten Formen.

7. Schluss

Das Ins Bild gesetzt werden ist sehr oft verstanden worden als ein Vorgang, der von einer vorsprachlichen Erkenntnis, der Wahrnehmung, Anschauung und dem Gefühl usf. zur Sprache und begrifflichen Reflexion hinverläuft. So alle Modelle, die von Sinn oder Anmutung fortgehen über die Deixis – das Zeigen – zur intersubjektiven Deutung.

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