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Masaccio, die Perspektive und Europa
Ein Versuch über den Bilderrahmen
Leander Kaiser, 1988/2006
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Die elliptische oder Kreislaufkomposition, in der sich die neue Erzählweise der Malerei charakteristisch zur Geltung bringt, ist bahnbrechend entwickelt worden von Masaccio im Zinsgroschen , einem Fresko der Brancacci-Kapelle in Florenz. Obwohl es sich um eine Wandmalerei handelt, kann der Zinsgroschen als Paradigma für das neuzeitliche Tafelbild angesehen werden. Denn in den Bilderräumen der Frührenaissance füllt die Malerei nicht einfach den Raum zwischen den architektonischen Gliederungen, sondern gibt sich eigene Grenzen, die in Format und Proportion eine Entwicklung vorwegnehmen, die beim Tafelbild zur Zeit Masaccios noch nicht vollzogen war. Die Wandfläche wird - natürlich nach Maßgabe der räumlichen Gegebenheiten - in rechteckige Bildflächen aufgeteilt, welche durch schmale Farb- und Ornamentstreifen voneinander getrennt sind. Es sind lauter in sich durchkomponierte Einzelbilder, die nebeneinander auf die Wände gemalt sind, als hätte man Tafelbilder in die Mauer versenkt.

Bei Masaccio ist noch eine chronologische Erzählung aus der Hauptszene an den linken und den rechten Bildrand disloziiert. Die Hauptszene zeigt, wie Christus den widerstrebenden Petrus auffordert, einen Fisch zu fangen, in dessen Bauch er ein Geldstück finden werde, mit dem er dem Steuereintreiber, der fordernd vor der Apostelgruppe steht, den Zins (es handelt sich um die Tempelsteuer) bezahlen soll. Am linken Rand sehen wir Petrus, der den Fisch ausnimmt, am rechten Rand sehen wir ihn, wie er den Zins bezahlt. Aber diese separaten Begebenheiten erscheinen quasi nur aus der kreisenden Bewegung der Hauptgruppe herausgeworfen und gehen in sie zurück, weil in der Dynamik der Gruppe und im Verhalten jedes Einzelnen schon das Vorher und Nachher enthalten ist, das als Wissen in der Person Christi und der großen Geste, mit der er die Gruppenbewegung zusammenfasst und zur Handlung transformiert, manifest ist.

Wir haben hier lauter in sich zurücklaufende Bewegungen vor uns, die gleichermaßen den Zusammenhang des Geschehens wie seine Aufnahme durch den Betrachter strukturieren. Damit einher geht eine von der Oberfläche schichtweise in die Tiefe gehende Erfassung des Bildraums. Die Erscheinung von Räumlichkeit und Tiefe beruht nicht allein auf der Perspektive;

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