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Masaccio, die Perspektive und Europa
Ein Versuch über den Bilderrahmen
Leander Kaiser, 1988/2006
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Das Bild in seiner Zirkularität verhält sich wie die Endlosschleife eines Films. Wir sehen zuerst das Ganze, dann wandern wir mit den Augen durch die Folge der Einzelheiten und finden uns erklärt über die zustandegekommene Situation, warum das, was wir sehen, so zu sehen ist, wie wir es gesehen haben. Das Bild hat sich erzählt und setzt sofort wieder zur nächsten Runde an. In diesem Sinn ist das Bild kein statisches Objekt und wir betrachten es auch ganz anders als etwa ein ruhendes kleines Ding auf einem Tisch: ein Ding, das bewegt oder in die Hand genommen werden muss, um uns die Information darüber zu geben, zu was es brauchbar ist. Oder die Sehbewegung schweift sogleich zu anderem ab. Das Bild besitzt die Macht, die Sehbewegung in sich zu bannen und ist daher zirkulär sowohl in der Erzählung seiner Selbstbedingtheit wie in seiner Existenz als Reproduktion seiner Selbst in der Aufmerksamkeit. Dies gilt auch für das stille Interieur, die Landschaft, das Stilleben, die wir bildgleich betrachten. Aber dazu müssen wir beständig selbst den Anstoß geben. Das Bild als sein perpetuum mobile bedarf nicht mehr als des Anstoßes aufmerksamer Anwesenheit.

6. Masaccio und die Kritik am modernen Subjekt

Um zurückzukommen auf jene Vorhaltungen gegenüber der Perspektive, dass sie Subjekt und Objekt in ein im Grunde feindliches Verhältnis setze, so ist diese Kritik überhaupt eine der Hauptfiguren des romantischen und irrationalistischen Angriffs auf die Moderne. Safranski resümiert Heidegger: „Neuzeit ist für Heidegger also: Maschinenbetrieb, instrumentelle Wissenschaft, Kulturbetrieb und Entgötterung. Das aber sind doch nur die dringlichen und ins Auge fallenden Symptome.

Zugrunde liegt eine metaphysische Grundeinstellung ... diese Grundeinstellung ist nach Heidegger definiert durch die Verwandlung des Menschen in ein ‚Subjekt', dem die Welt zum Inbegriff von ‚Objekten', also zu lauter wirklichen und möglichen Gegenständen wird, die beherrscht, gebraucht, verbraucht, abgewehrt oder eliminiert werden können. Der Mensch richtet sich auf, er erfährt sich nicht mehr als in eine Welt eingelassen – sondern diese Welt wird zu seinem Gegenüber, das er im Weltbild fixiert. Der Mensch wird zur Bezugsmitte des Seienden als solchen .“ (Safranski, S. 330)

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