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Masaccio, die Perspektive und Europa
Ein Versuch über den Bilderrahmen
Leander Kaiser, 1988/2006
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Das Durchsichtigwerden der Bildoberfläche auf dem dargestellten Raum in der perspektivischen Malerei ist so verstanden worden, dass die Raumentwicklung dieser Bilder nur in die Tiefe, vom Betrachter wegführe. Erst die Moderne Malerei – von Cézanne bis zu Yves Klein u.a. – habe zu der Umkehrung geführt, „dass der Bildraum nicht einsinnig gerichtet ist (in sich verkürzt eine imaginäre Tiefe öffnend), sondern [ dass ] die Bildschrift gleichermaßen Impulse nach vorn wie nach hinten enthält. Die inversive Verflechtung des Konkaven mit dem Konvexen wird vom Betrachter prozesshaft, d.h. temporal erfahren.“ (Gottfried Böhm, Die Wiederkehr der Bilder, in: Was ist ein Bild, S. 21) Vermutlich meint hier temporal nicht das irdische Regiment im Unterschied zur Ewigkeit des göttlichen Regiments, also ein Neologismus.

Wenn ich den letzten Satz von Boehm richtig verstehe, meint er ein Umspringen der Wahrnehmung einer unbestimmten Tiefe oder des Hineinsehens in das Bild in eine Wahrnehmung des Bildes als Projektion in den Raum, sodass der Raum zwischen Bild und Betrachtes selbst als eine Erweiterung des Bildraumes erfahrbar wird. Sollte es sich aber um ein Umspringen handeln, dann ist es nicht prozesshaft, sondern eine changierende Wahrnehmung, die die jeweils andere Wahrnungsmöglichkeit aktuell immer ausschließt. Hier ist der Prozess eher in seine Extreme zerfallen, er findet nicht statt. Irgendwie erinnert mich das an die Umspringbilder, die die Wahrnehmungspsychologie so liebt, und auf die Gombrich seine Theorie der ästhetischen Illusion aufgebaut hat.

Ohne Zweifel hat die moderne Malerei seit Cézanne und besonders durch solche Maler wie Barney Newman und Mark Rothko neue Ideen des Bildraums artikuliert, Ideen, die letzten Endes auf eine Aufhebung des architektonischen Raumes durch das Bild hinauslaufen. Diese Ideen haben ihre Vorläufer bereits in der Vorkriegsabstraktion und im Futurismus.

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