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Das Goldene und das Dunkle
Ein Versuch über den Bilderrahmen
aus: Leander Kaiser, Das Goldene und das Dunkle, 1988
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FÜR DIE MODERNE Malerei hört der Rahmen auf, in diesem Sinne notwendiges Komplement der Oberflächenstruktur des Bildes und notwendige Explikation von dessen imaginären Charakter zu sein. Die von der Naturanschauung abgekoppelte Formsprache und Kompositionsweise der Bilder steht in offenkundiger Diskrepanz zur Alltagserfahrung der sinnlichen Außenwelt. Es ist die Sprache der Kunst, die das Kunstwerk von vornherein als solches kennzeichnet. Zudem tritt in der Regel nicht mehr das einzelne Bild mit seiner Welthaftigkeit der Welt des Alltagslebens gegenüber, sondern der intellektuelle, institutionelle und fallweise architektonische Rahmen, innerhalb dessen etwas für uns Kunst ist, und der die Welt der Kunst von der Alltagswelt generell unterscheidet.

Die intensive Welthaftigkeit der Malerei der Renaissancetradition hatte auf der untrennbaren Verbundenheit der räumlich-gegenständlichen und der flächig-kompositorischen Gestaltung des Bildes beruht, auf dem Zusammenfallen der „konkret-räumlichen Einheit des Mannigfaltigen“ (Lukacs). Die Einheit der Bildwirklichkeit trat zwar primär als konkrete Räumlichkeit des Gesamten in Erscheinung, aber es war immer Erscheinung auf einer abgegrenzten zweidimensionalen Fläche, die auch als solche gestaltet werden mußte. Das Problem wurde dadurch gelöst, daß jedes Element der Malerei mehrere Funktionen übernehmen mußte und mehrfach in das Bildganze eingebunden war:

„Jeder Strich eines Bildes, jede Farbe, jede Linie, jeder Schatten usw. muß seine notwendige – die Evokation richtig leitende – Funktion sowohl in der zweidimensionalen wie in der dreidimensionalen Einheit und Systematik restlos erfüllen. Die Welthaftigkeit der Malerei entsteht nicht zuletzt durch diese Konvergenz. Denn die intensive Unendlichkeit des dargestellten Ensembles sowie seiner sämtlichen Teile ist sehr stark daran gebunden, daß jedes Element des Bildes unübersehbar viele Aufgaben in der Einzelgestaltung wie der kompositionellen Verknüpfung zu erfüllen hat und so in jedem Augenblick neue und neue Seiten zu offenbaren imstande sein muß.“ (Lukacs)

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