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Das Goldene und das Dunkle
Ein Versuch über den Bilderrahmen
aus: Leander Kaiser, Das Goldene und das Dunkle, 1988
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Es ist die Ambivalenz des Rahmens, einerseits die besondere Welthaftigkeit des Bildes zu akzentuieren und es andrerseits zu einem Teil der Welt seines Besitzers (sei es eine Person, ein Adelshaus, eine Firma oder eine Institution) zu machen, also zum Teil eines bestimmten Ambientes und einer bestimmten Vermögensmasse. Wie der Privatmensch durch das Fenster auf die Straße, auf das öffentliche, da im Prinzip allen sichtbare Leben blickt, so erblickt der Privateigentümer durch den Rahmen eine Welt, die ebenso wenig nur für ihn allein geschaffen ist. Und wie der Fensterrahmen, der das Leben draußen umrandet, noch zu seiner Privatsphäre zählt, so ist auch der Bilderrahmen sein eigenes Mobiliar, und das darin eingeschlossene Bild gehört ihm genauso wie die schöne Aussicht aus seinen Fenstern. Während das Bild als solches ein Moment der Öffentlichkeit in der Privatheit bleibt, kann der Rahmen zur Gänze als Privateigentum behandelt werden. Mehr noch: er kann als Vehikel dienen, diese Öffentlichkeit privat anzueignen und den eigenen Bedürfnissen zu unterwerfen.

Die Rede war vom höfischen und gegenreformatorischen Barock. Durch das Inventar der weltlichen und geistlichen Fürsten dieser Zeit sind viele der bedeutendsten Bilder hindurchgegangen und haben auf diesem Weg ihre oft vom Künstler selbst entworfene, auf das jeweilige Bild abgestimmte Originalrahmung verloren. Daher gibt es heute kaum Renaissancebilder, die den ursprünglichen Rahmen behalten haben. Wir haben Bilder ohne Rahmen (d.h. mit barocken, klassizistischen oder historistischen Rahmen) und Rahmen ohne Bilder.

Pracht und Kostbarkeit der Barockrahmen zeugen sicherlich von dem hohen Wert, den die Malerei für die Ausgestaltung repräsentativer Interieurs hatte. Mit Spiegeln und Spiegelrahmen ist aber zeitweise noch größerer Aufwand betrieben worden. Große Spiegel waren im 17. Jahrhundert im Durchschnitt teurer als Bilder, und das Bedürfnis des Adels, sich selbst als „die Welt“ (auf die es ankommt) widergespiegelt zu sehen, war stärker als das Interesse an der imaginären Welt der Bilder.

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