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Das Goldene und das Dunkle
Ein Versuch über den Bilderrahmen
aus: Leander Kaiser, Das Goldene und das Dunkle, 1988
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AUS DEM RAHMENDEN Ornament entwickeln sich in der Antike jedoch noch nicht spezifische Formen der Bilderrahmung, die von anderen, in der Architektur, im Theater und bei Gebrauchsgegenständen üblichen Rahmungs- und Gliederungsformen strukturell verschieden wären. Das folgt aus der Unselbständigkeit der Malerei selbst. In der griechischen Vasenmalerei und in der römischen Wandmalerei dominieren Motive, die aus dem Bereich des Theaters, des Tanzes und anderer öffentlicher Spektakel – der Festzüge, Gladiatorenkämpfe usw. – stammen. Sehr häufig sind Bilder von Schauspielern mit Theatermasken; auch scheinbar direkt aus dem Leben geschöpfte Genreszenen geben sich durch die grotesken Masken als Lustspielszenen zu erkennen. Die Malerei macht die alltäglichen und mythologischen Stoffe nicht zum Gegenstand eigener Gestaltung, sondern übernimmt meist ganz unmittelbar die figuralen und szenischen Phantasien des Theaters.

Trotz der Geschicklichkeit, die die antiken Maler in der Darstellung von Bewegung, Körper und Raum bereits erreicht hatten, findet die Malerei noch keinen eigenen Weg zur Umsetzung des gesellschaftlichen Lebens und Bewusstseins in ihr Material. Im Drama (und im Epos) stand ihr eine fertige künstlerische Formulierung des Mythos und der Konflikte des gesellschaftlichen Lebens gegenüber, die sich unmittelbar aus den mimetischen Elementen des magischen Rituals entwickelt hatte, während die malerische Mimesis zunächst im Ornament untergegangen war. Der Teppich der Leidenschaften, der Charaktere und der Situationen war bereits entrollt, als das Ornament den Raum für welthafte Malerei wieder freigab.

Bei vielen römischen Wandmalereien und Mosaiken vertritt der Bilderrahmen den Theaterrahmen oder gibt einen Teil der Theaterbühne wieder. Die Architekturphantasien, in die die figuralen Kompositionen oft eingebettet sind, beziehen sich in der Regel auf die Theaterarchitektur, auf den festen Bühnenbau, der die Spielfläche nach hinten begrenzte, aus dem die Schauspieler hervortraten, und der z.T. auch die Funktionen eines Bühnenbilds erfüllte. Sogar die großen roten Farbfelder, die in Pompeji mythologische Szenen rahmend umgeben, haben eindeutig Bezug zu den Tüchern, mit denen der Bühnenbau teilweise verdeckt wurde, um unterschiedliche Szenerien zu schaffen.

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