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Das Goldene und das Dunkle
Ein Versuch über den Bilderrahmen
aus: Leander Kaiser, Das Goldene und das Dunkle, 1988
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Die Auszeichnung durch den Rahmen wirkt als Anordnung, das in ihm Enthaltene mit Aufmerksamkeit zu sehn und wichtig zu nehmen. Gewisse Rahmungsformen können sogar die Bedeutung von Befehlen haben, die Akte der Unterwerfung und der Ehrerbietung auslösen. Man wußte ja nicht immer, ob man es mit dem König zu tun hatte, außer durch das Gepränge. Hier gehört auch die Kleidung zu den „rahmenden Formen“. Rahmungsformen mit Befehlscharakter entsprechen einer „repräsentativen Öffentlichkeit“, in der die Herrschenden ihre Herrschaft „vor dem Volk“ – nicht „für das Volk“ – zur Darstellung bringen (Habermas).

Für eine Theateraufführung, für Kunstwerke überhaupt (soweit sie nicht Bestandteil von Kult, Ritual, Zeremoniell sind – wie z.B. ein Tabernakel) gilt dieselbe Auszeichnung durch den Rahmen, aber sie ist minder imperativ. Die Künstler müssen sich „für das Volk“ produzieren, das Publikum für sich gewinnen und daher seine Reaktionen berücksichtigen. An die Stelle imperativer Anordnung tritt in der Wirkungsweise des Rahmens die suggestive Aufforderung der Wahrnehmung. Daß in beiden, Befehl und Überzeugung, etwas von der ursprünglichen, magisch-determinierenden Macht rahmender Formen fortlebt, darauf komme ich noch zu sprechen. Die schwächste und allgemeinste Wirkungsweise des Rahmens wäre schließlich die einer Interpretationshilfe für das Gerahmte.

Die Effizienz des Rahmens in so vielen verschiedenen Zusammenhängen kann nicht bloß auf seiner jeweiligen physischen Beschaffenheit beruhen; auch nicht nur auf sozialen Geboten und Verboten: das ganze Phänomen wäre dann ein Geßlerhut in vielen Variationen. Und der Rahmen wäre für mündige Menschen so überflüssig wie die Habsburger in der Schweiz.

IN ALLEN FÄLLEN erfüllt der Rahmen die Funktion einer Metakommunikation über das, was sich in ihm abspielt, wodurch die Handlungen eine ganz andere Bedeutung bekommen, als wenn sie außerhalb des Rahmens vollzogen würden.

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