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Das Goldene und das Dunkle
Ein Versuch über den Bilderrahmen
aus: Leander Kaiser, Das Goldene und das Dunkle, 1988
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I. Skulptur des Rahmens, Flächigkeit des Bildes

DAS TAFELBILD IST ein mobiler Einzelgegenstand mit eigener Körperlichkeit – im Unterschied zu Bildern, die körperlich Bestandteil anderer Gebrauchsgegenstände sind – wie Bücher, Truhen, Gestühle und Vertäfelungen, Schreine, Medaillons, Mauern usw. Man könnte daraus ableiten, dass es als mobiler Gegenstand mit besonders empfindlicher Oberfläche einerseits eines besonderen Schutzes bedürfe, und daß andererseits seine voluminöse Eigenkörperlichkeit durch den Rahmen hervorgehoben werden müsse.

In der Tat kann man die einfachsten Rahmenformen als nach vorne offene Kisten verstehen, in die das Bild eingelegt wird, und die frühesten uns bekannten Rahmen weisen sehr oft Vorrichtungen auf, mit denen jene Kisten durch einen an Scharnieren beweglichen oder durch einen Schlitz in Nuten einschiebbaren Deckel verschlossen werden konnten. Allerdings tritt diese auf leichte Transportierbarkeit berechnete Schutzfunktion des Rahmens immer mehr zurück, je mehr wir zum Tafelbild im neuzeitlichen Sinn kommen, dessen Existenzgrund nicht so sehr die Mobilität als die mit den Mitteln der Wandmalerei unerreichbare gediegene Dichte der Gestaltung ist. Seine Aufgabenstellung ist in der Spätgotik und Renaissance von vornherein monumental – zumindest handelt es sich um Bilder für die Wand, nicht um Sachen, die man einmal dahin und einmal dorthin stellt -, seine Installation hinter dem Altar oder an der Mauer ist relativ fix; und der Transport der Rahmen ist – wegen ihres Gewichts und der Feinheit ihrer Ausführung – oft noch prekärer als der der Bilder. Der Rahmen gibt zwar dem Bild weiterhin einen gewissen Schutz gegen periphere Beeinträchtigungen, die große Bildfläche aber kann er nicht mehr schützen, und das ist auch nicht seine Aufgabe. Fortschritte der Maltechnologie, die Entwicklung wasserunlöslicher Bindemittel und Firnisse sowie neuer Malgründe spielen eine größere Rolle für die Beständigkeit der Malerei gegenüber den Unbillen der Umgebung.

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