texte |
Eine ästhetische Religion? Schönberg und der moderne Irrationalismus Referat beim Symposion Schönberg und sein Gott im Arnold Schönberg Center Wien Leander Kaiser, Wien, Juni 2002 pages: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | |
|||
Wenn Schönberg im Brief an Kandinsky vom 20.7. 1922 schreibt, daß ihn in den vergangenen Jahren des 1.Weltkriegs und der Zeit danach nur die Religion gerettet habe, entspricht dies der von Klein genannten Aufgabe der "Jakobsleiter", angesichts des Elends, des sinnlosen Sterbens, des Zerfalls der bisherigen Ordnung das Theodizeeproblem durch die theosophische Lehre der Seelenwanderung zu lösen, um nicht an der Gerechtigkeit Gottes verzweifeln zu müssen. (10) Den religiösen Inhalt der "Jakobsleiter" als Episode abzutun, geht in der Weise nicht an, ihr Fragmentarischbleiben in der Vertonung als implizite Selbstkritik des Komponisten Schönberg an der Unwahrheit seines Textes zu verstehen: seine Musik habe sich die geforderte Versöhnung nicht abpressen lassen. Solche Interpretatorik bleibt unbeweisbar, während Tatsache ist, daß sich Schönberg bist zuletzt um die Fertigstellung der "Jakobsleiter" besorgt hat – also auch nach der Rekonversion zum Judentum – und Zillich schließlich den Auftrag erteilt hat, sie fertigzustellen. 3. Schopenhauer scheint der von Schönberg meistgelesene Philosoph gewesen zu sein. Der Sympathie von Musikern empfiehlt sich Schophenhauer ja damit, daß für ihn die Musik als einzige Kunst nicht bloß Abbild einer Objektivationsstufe des Weltwillens ist sondern des Willens selbst. Ich zitiere Manfred Frank: […] darin gründet ihre unvergleichliche, die Grenzen der Absonderung des Menschen vom Menschen einebnende, sozusagen sozialisierende Tendenz. Da sie zugleich Abbild des Willens ist, korrigiert sie ganz unmittelbar die Anmaßung des Begriffs und der mit ihm arbeitenden theoretischen Werthaltung, als sei der Wille unter der Botmäßigkeit des Intellekts: Wer Musik hört, erkennt gleichsam unmittelbar die Nachträglichkeit der distanzierenden und berechnenden Vorstellungswelt, die – im Grunde – Wille ist und erst hernach in Raum, Zeit und kausal artikulierte Erscheinungswelt sich veräußert. (11) |
||||