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Eine ästhetische Religion? Schönberg und der moderne Irrationalismus
Referat beim Symposion Schönberg und sein Gott im Arnold Schönberg Center Wien
Leander Kaiser, Wien, Juni 2002
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Zweitens setzt sich Schönberg in seinen Äußerungen über die Zwölftonmethode sowohl von einer mechanischen Anwendung der musikalischen Regel wie von der Regellosigkeit, nur der Inspiration zu folgen, ab. Er scheint nun das Kantsche Diktum, Genie ist Talent, das der Kunst die Regel gibt, zu beherzigen. Die Rolle der musikalischen Phantasie, der Erfindung der Melodie bleibt gewahrt; aber die sich ausbildende Werkgestalt muß sich nun zurückbeziehen lassen auf eine Zwölftonreihe, welche freilich oft erst im Verlauf des Kompositionsprozesses festgelegt werden kann, dann aber für die weitere Ausgestaltung konstruktiv zur Verfügung steht. In dieser Auffassung wird Komponieren ein "Zuendedenken des Werkes", das auf den Forderungen des sich ausbildenden Werksganzen beruht, ein bewußter intellektueller Prozeß. Ohne mich an die selbst irrationalistische "Dialektik des Materials" anschließen zu wollen, glaube ich in vielen musikalischen Momenten bei Schönberg die Intelligenz des Gestaltungsprozesses heraushören zu können; und ich spüre in seiner Musik eine Angst und eine verzweifelte Suche, oft eher als die apodiktische Sicherheit und irrationalistische Religiosität seiner Schriften, die ohne Zweifel Dokumente einer Beschränktheit sind.

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