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Kandinsky, die Musik und Madame Blavatsky

Leander Kaiser, Wien 2001
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Die Ablehnung der theoretischen Ansichten eines Künstlers kann nur sehr zum Teil Präjudiz sein für die Wertung seines Werks, welche gerade deswegen von einem anderen Standpunkt aus erfolgen muß. Doch sollte die Nähe des ästhetischen Irrationalismus zu anderen irrationalistischen pseudoreligiösen und politischen Strömungen der Zeit nicht unterschätzt werden; auch die Frühgeschichte der modernen Musik ist von solchen Affinitäten – sei es das Wagnerianertum, die Theosophie oder der Dionysos-Kult des George-Kreises – nichts weniger als frei.

Nachtrag

Beim Symposium in Moskau standen zwei Fragen im Raum: ob Kandinsky tatsächlich Theosoph gewesen sei, und ob er antisemitische Gesinnungen geäußert habe.

In puncto Theosophie führe ich im Referat einen philosophischen Beweis, der auf der Feststellung der Übereinstimmung von Denkweisen beruht; doch bestätigte selbst Jelena Hahl-Koch (Herausgeberin des Briefwechsels Schönberg-Kandinsky), die eine von Beat Wyss behauptete Mitgliedschaft Kandinskys in der theosophischen Gesellschaft energisch bestritt, daß sich Kandinsky in der Zeit vor und während der Abfassung von Über das Geistige in der Kunst mit theosophischen und anthroposophischen Schriften beschäftigt habe. Später jedoch habe sich Kandinsky davon ganz abgewandt. Sehr detailliert hat auf dem Symposium Valerij Turtschin auf die theosophischen Anklänge in Theorie und Werk Kandinskys hingewiesen, Anklänge, die jedenfalls bis in die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein das Vorhandensein einer esoterischen Symbolik in den Gemälden belegen können. Vor allem anthroposophische Varianten theosophischer Ideen scheinen mir bis zuletzt reichlich nachweisbar – insbesondere in dem zweiten Hauptwerk Kandinskys "Punkt und Linie zu Fläche" von 1926.