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Irrealität - Eine Realitätsebene im Handeln und in der Kunst
Referat im Rahmen der Innsbrucker Gespräche über Ästhetik 2011
Leander Kaiser, Wien, September / Oktober 2011
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Diego Velázquez, Der Idiot von Coria, 1639

Diego Velázquez,
Der Idiot von Coria, 1639

Sie erscheinen inmitten dieser Faltenwürfe: als Erscheinung im emphatischen Sinn, das ist die Hoheit, Erhabenheit, doch zugleich auch Erscheinung im Sinne eines Scheins, eines Scheinbaren, das ihnen anhaftet. So ist ihre Erscheinung doppelsinnig: eine Darstellung des Glanzes des Königtums und gerade darin wieder seines trügerischen Scheins, d.h. die Erscheinung wird zu dieser Tatsache, der in einem ihre Irrealität gegenübersteht.

Vielleicht hat Velázquez in seinem für einen spanischen Maler der Zeit schwindelerregenden Aufstieg in die Sphäre der Macht, des imperialen Scheins, seine Stütze, seine Balance, sein Gleichgewicht immer wieder gefunden in der Darstellung dieser seltsamen Leute aus dem Volk, denen er das Recht, gesehen zu werden, gab. Er sah sie ohne Sentimentalität, aber mit malerischer Gerechtigkeit. Vielleicht war auch in der Solidarität seines Blicks mit ihnen eine Angst, in eine
solche Rolle wie die Zwerge, Idioten und Narren, die dem Zeitvertreib des Hofs dienten, geraten zu sein; doch kompensierte er diese Angst nicht mit der Verachtung der Unteren.

Der Unterschied zwischen der Art der Darstellung der königlichen Spiegelwesen und der der Buffos, Ninos usw. ist bei den Las Meninas, dem Bilde mit den Hoffräuleins, in dem verschiedene Arten von Existenzen, die im Alcázar des Königs lebten, zusammentreffen, genauso vorhanden wie zwischen den verschiedenen Bildreihen. Wir haben hier ein Vermögen, verschiedene Realitätsebenen zu unterscheiden und den Bildern einen jeweils angemessenen Status zu geben.

 
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