aktuelles

bilder

texte

interpretationen

dokumentation

links

kontakt

Irrealität - Eine Realitätsebene im Handeln und in der Kunst
Referat im Rahmen der Innsbrucker Gespräche über Ästhetik 2011
Leander Kaiser, Wien, September / Oktober 2011
pages: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 |
12 | 13 |
 

 

 

Diego Velázquez, Infant Philipp Prosper, 1659

Diego Velázquez,
Infant Philipp Prosper, 1659

Damit im Zusammenhang steht schon bei Tizian der Gebrauch farbiger Interferenzen, vor allem des optischen Grau für den Bildaufbau, wodurch sich die Bildwirklichkeit trotz des groben Pinselduktus paradoxerweise entstofflicht, zu einer vibrierenden Erscheinung wird, die bei Tizian näher mit dem Bild als Darstellung von etwas Vorgestelltem, bei Velázquez mehr mit der Erscheinung der Dinge in der Refraktion eines Spiegels aus dem dunkleren Hintergrund eines Raumes zu tun hat. Mehr noch: es ist bei ihm so, als würden diese Wesen, Infantinnen und Infanten, König und Königin, nur im Spiegel, in der Spiegelung durch die Malerei existieren und sonst vielleicht gar keine körperliche Lebensrealität haben.

Dass diese, dem repräsentativen und zeremoniellen Charakter der Bilder der Königsfamilie entsprechende Irrealisierung Velázquez bewusst war, zeigen die Portraits von Narren, Idioten und Zwergen (Buffos, Locos, Ninos), bei denen der Realismus der Darstellung stärker an seine früheren Szenen aus dem Volksleben, an die Bodegones, erinnert.

Die Porträtierten stehen uns hier leiblich gegenüber, sozusagen von Angesicht zu Angesicht, sie sind nicht Erscheinungen, sondern mit der ihnen eigenen Lebendigkeit, auch mit der Tragik ihres Lebens anwesend. Sie manifestieren sich selbst im Medium des Bildes, di Malerei ist so angelegt, dass sie im Dienst dieser Präsenz, gleich einer Selbstdarstellung der Dargestellten steht. Dagegen erscheinen die Mitglieder der königlichen Familie als Inventar einer repräsentativen Umgebung, die in den späteren Bildern fast nur mehr aus Draperie besteht.

 
<<< / >>>