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Die Gegenwart der Perspektive
Nachträgliches zum gleichnamigen Symposium 2009 im Rahmen der Innsbrucker Gespräche über Ästhetik
Leander Kaiser, 2010
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Die Entwicklung der perspektivischen Raumdarstellung von Giotto bis zur Hochrenaissance ist verbunden mit der Entwicklung kompositorischer Formen, die die Darstellung menschlicher Selbstbewegung und Kommunikation, des „organischen Raums“, mit dem „abstrakten Raum“ der perspektivischen Konstruktion zu einer sich selbst erklärenden, selbstreflexiven, narrativ strukturierten Bildwirklichkeit verschmelzen. Und mit einer entsprechenden Blickführung des Betrachters, dessen Auge wohl kaum als starr auf den Focus gerichtet verstanden wurde. Die Entwicklung solcher Kompositionsformen und evokativer Mechanismen geht Hand in Hand mit der zunehmenden Vereinheitlichung und Abstraktion des Bildraums von der Besonderung bestimmter Bildzonen und symbolisierenden Unterschieden in Größenverhältnissen und Materialien.

3.    
    
Wie weit nun ist das „perspektivische Paradigma“ auch noch für die Moderne des 20. Jahrhunderts und die Gegenwartskunst gültig?

Zunächst wäre anzumerken, dass alle Bilder der klassischen Moderne und die meisten Bilder bis heute dem perspektivischen Paradigma entsprechen, insofern sich die Bildfläche als Schnitt durch die Sehpyramide und als das jeweils Ganze der visuellen Apperzeption setzt. Die „flatness“ der Moderne macht die Vorderseite des perspektivischen Guckkastens undurchsichtig, aber sie ist auf diesen Guckkasten montiert. Auch die Absetzung des Bildes von anderen Oberflächen, die Rechteckigkeit des für sich stehenden Bildfeldes wird meist beibehalten.

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