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Antworten auf Ellens Fragen
Im Rahmen Ihrer Magisterarbeit "Zur Interpretation des malerischen Werks von Leander Kaiser in der Zeit von 1988 bis 2011 anhand ausgewählter Bildbeispiele" legte Ellen Tiefenbacher Kaiser eine Reihe von Fragen vor, die diesen veranlassten, seine gegenwärtige künstlerische Position zu formulieren.
Wien, im Jänner 2013
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ET: Warum haben Sie sich gegen die abstrakte Malerei entschieden? Und um
noch einen Schritt weiter zu gehen, wie stehen Sie zur performativen
Kunstszene, zur Performance selbst?
LK: Ich habe mein Leben lang immer Menschen angeschaut, neugierig,
schüchtern, ängstlich, begierig, und mir Hypothesen gemacht, wie und was sie
sind. Eine Malerei ohne die Darstellung von Menschen, Gesten, ohne die
Beziehung von autonomer organischer Bewegung und Raum, ohne Handlung
war von vornherein nicht mein Interesse.
Dramen, Filme, Tanztheater haben mich immer wieder fasziniert und
beeinflusst, Shakespeare und Fellini am meisten. Mit meinem Bruder habe ich
1964 ein Happening in Innsbruck aufgeführt, das erste in Tirol, aber es war
eher die Imitation eines Happenings, ohne Konzept. Dann habe ich mich nicht
weiter damit befasst. Die Wiener Aktionisten, speziell Mühl und Nitsch, waren
mir schon weltanschaulich und politisch ein Gräuel. Später war ich in einem
oft verzweifelten Kampf um meine Malerei und habe diese Szene nicht weiter
beachtet.
ET: Sie stehen der abstrakten Malerei sehr kritisch gegenüber und trotzdem
gibt es den Einfluss der amerikanischen arbfeldmalerei auf ihr Werk.
Inwieweit wurde der Umgang mit dem Farbraum in Ihrem Werk, vor allem
während des New York Aufenthalts 1997 durch Künstler wie Marc Rothko und
Barnett Newman beeinflusst?
LK: Die abstrakte Malerei hat für mich zwei Seiten. Auf der einen Seite ist sie
eine Antimoderne, ein Bruch mit allen Errungenschaften der Neuzeit,
gnostische Weltverneinung plus spirituelle Selbstermächtigung. Das gilt vor
allem für die erste Generation der Abstrakten. Auf der anderen Seite ist dieser
Bruch der Tradition, den sie manifestiert, auch die Bedingung der Möglichkeit
für eine Malerei wie meine. Das Schlimmste an der Abstraktion ist die
Fortschreibung des Symbolismus des späten 19. Jahrhunderts, zuerst in
bewusster, dann in bewusstloser Form. In gewissem Grad hat die
amerikanische Farbfeldmalerei sich von diesem Symbolismus befreit und
radikal neue Fragen gestellt. Was ist ein Bild überhaupt, welche Stellung und
welche Macht hat es in einem gesellschaftlichen Raum, der kein
Bildprogramm mehr vorgibt, gegenüber den anderen Bilderwelten der
Fotografie, der Reklame, des Films usw.
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