aktuelles

bilder

texte

interpretationen

dokumentation

links

kontakt

Künstlergespräche
Gespräch mit Leander Kaiser
Annabel Kienle, Wien, 1998
Der Text ist Bestandteil der Diplomarbeit von Anabel Kienle an der Universität Münster.

pages: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |

AK: „Ein weiteres wichtiges Grundthema in Beckmanns Kunst ist sicherlich die Wahrung des Gleichgewichtes. Der 'Seiltänzer' Beckmann destabilisiert und schafft labile Bildverhältnisse, und doch gerät seine Welt nicht aus den Fugen, ist nicht sichtbar beunruhigend, nicht aggressiv verstörend. Hier scheint mir ein weiterer Bezug zu Ihrem Werk gegeben. Sind Ihre Bilder doch oft von labilen Momenten geprägt, die sich in der Bildkomposition, der Fläche, dem Raum, der Anordnung und Ausrichtung der Figuren, aber auch in der inneren, seelischen Befindlichkeit der Dargestellten auszudrücken scheinen. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?“

LK: „Dazu hat mir ganz gut gefallen, was Magdalena Hörmann geschrieben hat. Ich bin auch einverstanden, wenn man in meinen Bildern Unsicherheit, Vereinzelung, Entfremdung, das Wanken der Fundamente usw. sieht, aber das ist eben der reale 'locus standi': unser realer Lebensstandpunkt, der zu bejahen und als Ausgangspunkt zu nehmen ist. Im Übrigen ist da ja wohl auch zärtliche Ironie und Gelächter.

So wie Beckmann folgt für mich aus der Nicht-Harmonie, der Widersprüchlichkeit usw. der Welt nicht, daß Malerei keine organische Einheit schaffen und nicht verführerisch sein dürfe. Kunst gäbe ihre eigene Macht, Schönheit auf, um nur anderen Mächten den Ausdruck ihrer Destruktivität zu gestatten!? Oder um total abhängig zu werden von interpretierender Vermittlung der Autorität der Institution!? Für Beckmann und mich ist Schönheit wesentlich für die Autonomie des Kunstwerks.“

AK: „Max Beckmann betonte bereits in frühen Jahren sein Credo von einer 'transzendentalen Sachlichkeit', womit er sich ausdrücklich gegen drei gängige Richtungen, im Sinne von Weltanschauungen wandte: eine abstrakt-dekorative Malerei mit ihrem 'gewollten Primitivsein', die er als archaistisch anmutende Dekokunst ablehnte, eine gedankenlose Imitation des Sichtbaren im Sinne eines akademischen Realismus und eine 'Geschwulstmystik', eine sentimentale, gefühlsbetonte Malerei. Wie sehen Sie diese Aufforderung zu mehr Realitätsbezug in der Malerei?“

<<< / >>>