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Künstlergespräche
Gespräch mit Leander Kaiser
Annabel Kienle, Wien, 1998
Der Text ist Bestandteil der Diplomarbeit von Anabel Kienle an der Universität Münster.
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AK: „Dies führt mich unweigerlich zum Raum, der für Beckmann ja ein unendliches Mysterium war. Peter Weiermair stellt Sie in seinem Text als einen Regisseur dar, der Architekturen in Innen- und Außenräumen schafft, Aus- und Einblicke bietet und – in einer subtilen Lichtregie – Figuren gestisch agieren läßt. Wie, um mit den Worten Beckmanns zu sprechen, 'durchtasten Sie den Raum, übertragen Höhe, Breite und Tiefe in die Fläche?'“

LK: „Sie kennen ja sicherlich den Ausspruch Beckmanns: 'Der Raum ist der Palast der Götter'. Da ist natürlich der mythische Raum gemeint, gewissermaßen die Intermundien, in denen Epikur die Götter untergebracht hat, nachdem sie im System der Natur keinen Platz mehr hatten. Meine Raumkonzeptionen sind nicht sehr stark von Beckmann beeinflusst, vielmehr war mein konzeptueller Ausgangspunkt bei der Frührenaissance, unter Abzug einer perspektivisch-mathematischen Konstruktion. De Chirico und der Kubismus haben mich auch früh beeindruckt. Interessiert hat mich immer die Doppelnatur des Raumes, daß er einerseits ein zusammengesetztes Volumen ist und andererseits die Bedingung dessen, daß man überhaupt ein Volumen zusammensetzen kann, daß ein Volumen sein kann. Das heißt seine Abstraktheit einerseits und seine Bestimmtheit andererseits. Ungefähr der Gegensatz, den Panofsky zwischen Giotto und Duccio macht. Im einen Fall bei Giotto plastisches Vorsichgehen, von einem Körper zum anderen, in dem anderen Fall vom Allgemeinen, vom Raum als allgemeinem Fluidum ausgehend, sozusagen als Entwicklung des Goldhintergrunds ins Diesseitige bei Duccio. In diesem Widerspruch bewegt sich natürlich jede figurale Darstellung und dieser Widerspruch verschärft sich noch im Gegensatz von abstrakt-geometrischem und organischem Raum. Der organische Raum wird bestimmt durch den lebendigen Körper und seine Beziehung zu den Gegenständen, der Raum muß sowohl aus der Plausibilität organischer Selbstbewegung wie aus der Bildgeometrie entstehen. Ich denke an den Zinsgroschen von Masaccio, da haben wir auch schon das Problem, das gelöst worden ist durch die Kreislaufkomposition. Das sind Sachen, die sehr allgemein sind, was Raum anlangt.

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