aktuelles

bilder

texte

interpretationen

dokumentation

links

kontakt

Künstlergespräche
Gespräch mit Leander Kaiser
Annabel Kienle, Wien, 1998
Der Text ist Bestandteil der Diplomarbeit von Anabel Kienle an der Universität Münster.

pages: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |

LK: „Der Betrachter wird in das Bild hineinkomponiert – der Kreis der Gesten und Bewegungen schließt sich in ihm. Das Bild setzt sich so fort in den Raum des Betrachters. Zugleich aber findet so etwas wie raum-zeitliche Entrückung, Verschließung des Bildes in eine Fremdheit, in seine eigene Hermetik statt – und von da wieder ein Umschlagen in fast berührbare, taktile Nähe. Schließlich strebt die Bildarchitektur, die gegebene Architektur des Ausstellungsraumes zu „übernehmen“ und den architektonischen Raum in Bildraum zu verwandeln. Ich weiß selbst nicht genau, warum das geht, aber es funktioniert. Vielleicht hat es doch – wie bei Beckmann – mit der Projektion von Farben in den Raum zu tun. Jedenfalls funktioniert es nicht, wenn die Bilder nicht genug Platz haben oder die Situation unverständlich wird durch die Anwesenheit plakativer Elemente. Es ist so etwas wie monumentale Kammermusik.“

AK: „Ein wichtiges Grundthema Beckmanns ist die Spannung zwischen zwei Polaritäten. Das zeigt sich besonders in seinen Mann-Frau-Darstellungen, den Selbstbildnissen, aber auch in großen Bildwerken wie beispielsweise den Triptychen. Thomas Trummer schreibt, auch in Ihrem Werk geht es um Gegensätze, um eine gewisse 'Unentscheidbarkeit', […] um das Nebeneinander und die Gleichzeitigkeit kontingenter Motivationen, wie Klarheit und Ahnung, Stolz und Furcht, Empfindlichkeit und Vernunft, Kraft und Angst […]’.“

LK: „Um das zu diskutieren, müssten wir zunächst polare Gegensätze, Widersprüche, Antagonismen, Doppelsinnigkeiten und Zweideutigkeiten unterscheiden. Ein polarer Gegensatz: wo das Eine seine Bestimmtheit an dem Anderen hat und umgekehrt wie Oben-Unten, Mann-Frau, Hell-Dunkel, Norden-Süden, Ost-West – und das Eine nicht ohne das Andere zu denken ist. Die Seiten des Gegensatzes schlagen beständig ineinander um. Nun wird Hell und Dunkel z.B. in der Malerei zum entwickelten Widerspruch von Licht und Schatten, worin jede Seite in sich reflektiert ihr Gegenteil enthält im Prozeß der malerischen 'réalisation'.“

<<< / >>>