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Inszenierungen auf der Leinwand
Auszüge aus einem Gespräch mit dem Maler und Philosophen Leander Kaiser über das Theatralische in der Malerei
Irene Prugger/Leander Kaiser, Innsbruck 1994

INN, Zeitschrift für Literatur, 11. Jg., Nr. 33, November 1994, S. 10-13.
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Die Dramatik im Bild

Das wirksamste Mittel, in einem Bild Dramatik darzustellen, ist die Kreislaufkomposition. Die Figuren werden in einer Ellipse angeordnet und der Blick des Betrachters wird so geführt, daß er eine bestimmte Reihenfolge durchläuft. Dementsprechend werden auch die Gesten geordnet – sie sollen sich in eben dieser Reihenfolge aufeinander beziehen. Erst wenn dieser Prozeß durchlaufen ist, wird das Bild in seiner Vollständigkeit wahrgenommen. Diese Form eines Selbsterklärungsmodells wurde erstmals in der Frührenaissance entwickelt.

Von der Renaissance bis zu den Impressionisten hat in der Malerei aber vor allem das Licht immer eine Hauptrolle gespielt. Bezüglich der europäischen Malerei kann man sogar von einer Herrschaft des Lichts sprechen. In der Renaissance verschwand der Goldhintergrund, der die dargestellten Figuren ja eher zu Schattenbildern degradiert. Bei Caravaggio wurde das Licht erstmals zum Handlungsträger bzw. zur Grammatik des Bildes. Im Barock ist man dann sozusagen zu einer Grammatik der Beeindruckung übergegangen. Das heißt, das Auslösen von Gefühlen wurde wichtiger als die Handlungslogik des Bildes.
Cézanne findet erstmals zur Identität von Licht, Farbe und Volumen. Diese Entwicklung hat sich ja schon bei den Impressionisten angekündigt. Es wird versucht, gleichzeitig die Lokalfarbe und den Raum zu malen. Die Gegenstände werden nicht mehr beleuchtet, sondern die Funktionen werden vereinheitlicht. Die Farben werden reiner – es fällt sozusagen die braune Soße weg. Dieses Zusammenspiel von Farbe, Licht und Raum ist etwas, was mich auch bei meiner eigenen Arbeit intensiv beschäftigt.

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