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Gespräch Michael Ley und Leander Kaiser

Wien, 2004
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ML: Deine Bilder drücken, wenn man sie betrachtet, sehr oft Menschen aus, die suchend sind. In vielen Bildern verlieren die Menschen die Balance oder sind gefährdet, die Balance zu verlieren. Suchst du nach einer neuen Anthropologie und ist dieser Umgang – ist deine Malerei – eine Sichtweise auf Menschen, die eigentlich nicht mehr genau wissen, wohin sie gehen, wer sie sind?

LK: Im Unterschied zu anderen Künstlern wie Francis Bacon, bei denen die Sicht des Menschen pendelt zwischen dem Ausgeliefertsein an die Physis und den existentiellen Sinnlosigkeitsgefühlen der Einsamkeit – sehe ich diese Situation des Suchens, auch der Einsamkeit, des fehlenden Gleichgewichts, als zu bejahende Kondition der Existenz, die neue Freiheitsgrade möglich macht. Vielleicht können meine Bilder etwas Vertrauen in die Möglichkeit dieser Freiheit erzeugen.

ML: In vielen Bildern sehe ich Menschen, wo man das Gefühl hat, dass sie sich auf einer Art Reise, auf einem Weg befinden, aber das Ziel nicht kennen. Ist das nicht nur für deine Kunst symptomatisch, sondern auch für unsere Gesellschaft insgesamt?

LK: Es ist die Asymmetrie der Zeitachse, die sich hier zeigt, nämlich insofern wir biologische und singuläre Wesen sind, die eben den Tod in sich haben, und damit ist jede Entscheidung natürlich eine Entscheidung ins nicht Vorhersehbare, in eine Determination, die wir nicht mehr rückgängig machen können. Es gibt Verhängnisvolles, und dies Verhängnisvolle der Existenz wird umso klarer, als das einzelne Individuum auf sich gestellt ist und sich nicht mehr als Bestandteil eines Kollektivs, das ihm einen übergeordneten Sinn verbürgen würde, verstehen kann. Reisen ohne Anzukommen, ist der Zustand der Melancholie – und Melancholie ist sicher eine Stimmung meiner Malerei.

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