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Gespräch Michael Ley und Leander Kaiser

Wien, 2004
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ML: Wieso kann man sich dann nicht mehr in den vorherigen Stand zurückversetzen? Was verändern deine Bilder bei dem Betrachter?

LK: Nein, ich habe gesagt, im Bild haben wir die Möglichkeit wieder auf den vorherigen Stand zurückzukehren, und umgekehrt hat der Betrachter die Möglichkeit, am Bild seine eigene Veränderung abzulesen. Er verändert sich, das Bild natürlich nicht. So verstanden ist das Bild Ort einer Begegnung mit sich selbst, einer Sich-Vergegenwärtigung.

ML: Ja, also deine Bilder sind insofern ja sophisticated. Du erzählst eine Geschichte nur bis zu einem gewissen Punkt, und ab diesem Punkt wird die Geschichte mysteriös, vielleicht sogar etwas surreal. Du lässt also den Betrachter zurück mit seiner eigenen Rezeption und gibst ihm keine vorweggenommene Interpretation, sondern du willst gleichsam ihn verführen – zu was?

LK: Zur Rezeption muss der Betrachter verführt werden. Die Schönheit, die Autorität der Schönheit ist es, dass man bei der Hand genommen wird und irgendwo die Gewährleistung hat, dass man nicht bloß ausgesaugt und mit den eigenen Dämonen alleingelassen wird. Die Schönheit verspricht eine Begleitung, ähnlich wie der Vergil den Dante geleitet hat in der Hölle.
Letzten Endes lasse ich den Betrachter mit der Weiterarbeit an dem Bild allein. Das Bild muss für seine Interaktivität eine größtmögliche Klarheit der Gestaltung haben, das ist meine Verantwortung, es so zu übergeben, aber es enthält natürlich nicht die Summe der möglichen Antworten, oder der Fragen, die er stellt, man kann diese Fragen vorab nicht beantworten. Schon in der Renaissancemalerei war der Moment, wo der einzelne Gläubige in die subjektive Imagination des Heilsgeschehens in zentralperspektivisch konzentrierter Kontemplation entlassen wurde.

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