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Ecce Homo - Menschwerdung und moderner Antihumanismus
Referat im Rahmen der Innsbrucker Gespräche über Ästhetik 2007
Leander Kaiser, Wien, Oktober 2007

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Es ist eine eigenartige Geschichts- und Sprachlosigkeit, die die katholischen Aussagen zu Kunst und Kultur oft auszeichnet. Die Debatte über die Glasfenster Gerhard Richters im Kölner Dom – die ihn uns von seiner agnostischen und nicht von seiner romantischen Seite zeigen – hat das einmal mehr bewiesen. Kardinal Meisner hätte sich Bilder moderner Märtyrer gewünscht, m. E. eine barocke Idee. Um dann in eines der größten deutschen Fettnäpfchen zu treten, von der „Entartung“ der Kultur durch den den Verlust ihres Gottesbezugs zu sprechen, in der Nachfolge Sedlmayrs. Dessen „Verlust der Mitte“ allerdings analytisch gehaltvoller war als die Erklärung der Gottlosigkeit durch den Abfall von Gott. Vor den korporatistischen und autoritären Forderungen nach Abmahnung durch die Bischofskonferenz müßte den Kardinal aber jeder Demokrat in Schutz nehmen. Die Flachheit der Diskussion offenbart sich im Fehlen jedes historischen Bewußtseins, unter welchen geschichtlichen, sozialen, intellektuellen Voraussetzungen wir heute leben. Wenn ein Befürworter des Richterschen Fensters es mit dem Hinweis verteidigt, dass es auch in romantischen und gotischen Kirchen Ornamente gegeben habe, oder ein anderer die abstrakte Malerei in der heutigen liturgischen Kunst mit der Bildlosigkeit des Christentums der ersten Jahrhunderte argumentiert, erscheint die Geschichte als postmoderner Selbstbedienungsladen, aus dem man sich ohne Verständnis der historischen Differenz und ohne Reflexion des eigenen historischen Standpunktes bedienen kann.

Eine andere Richtung in der Kirche befürwortet wiederum den Rückgriff auf die Ikone, der bildnerischen Tradition der griechischen und der orthodoxen Kirchen.

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