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Ecce Homo - Menschwerdung und moderner Antihumanismus
Referat im Rahmen der Innsbrucker Gespräche über Ästhetik 2007
Leander Kaiser, Wien, Oktober 2007

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In seinem messianischen Selbstbewußtsein sah sich Adolf Hitler als Reinkarnation von Jesus Christus und Jesus Christus selbst als einen Vorläufer und Vorkämpfer der Mission, die er – von der Vorsehung auserwählt – vollbringen sollte. Eine solche Aufblähung des Größen-Ich finden wir übrigens schon bei Rudolf Steiner, dessen Auffassungen Hitler beeinflusst haben. Das Konzept eines arischen Jesus Christus, eines Jesus mit arischer Seele, geht auf die Ariosophie des Lanz von Liebenfels zurück. Christus wird zum Vorläufer Hitlers im Kampf gegen das Judentum, zum Märtyrer des Antisemitismus. Was Guardini bemerkt hat, ist, dass Hitler in Kult und Ritual des Nationalsozialismus genau an die Stelle Christi gesetzt worden ist. Durch das Bild Hitlers, des Heilsbringers, wird das Bild Christi, des Erlösers, überlagert. Wie bei anderen katholischen Opponenten des Nationalsozialismus dieser Zeit, bleibt der Antisemitismus und die Shoa außerhalb der theologischen Sichtweite. Der eigene – christliche Antijudaismus bleibt tabuisiert.

Wenn nun auch die meisten Christen die Ersetzung des Christentums durch das Hitlertum nicht ganz mitmachen wollten, sind sie doch in ihrer Mehrheit der Verführung erlegen: Aufgrund ihres Nationalismus und des traditionellen christlichen Antijudaismus, dem erst das II. Vaticanum eine klare Absage erteilt hat. Dabei herausgekommen ist eine Vermischung des inneren Jesusbildes mit dem inneren Hitlerbild, verbunden klarerweise mit einem Gefühl der Entfernung, der Unerreichbarkeit Jesu Christi. Meines Erachtens hat die Leere der nach 1945 erbauten Kirchenräume damit etwas zu tun. Ich darf hiezu die Psychoanalytikerin Sylvia Zwettler-Otte zitieren: „Der Eindruck der Leere kann also auf entgegengesetzte Schicksale von Trennungen verweisen: Auf eine Selbst (unbewußt) herbeigeführte Trennung (also die Auslöschung des Liebesobjektes durch Abschiebung ins Unbewußte), die durch die Vernichtung eines (zuerst geliebten, dann) gehaßten Objektes entstanden ist, oder auf die Sehnsucht nach einem abwesenden Objekt, dessen Anwesenheit, Zuwendung und Liebe schmerzlich vermißt wird.“ Ich glaube, dass viele Christen diese entgegengesetzten Schicksale der Trennung in Bezug auf Hitler und Jesus gleichzeitig erlebt haben.

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