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interpretationen |
Verena Krieger über Leander Kaiser |
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, Leander Kaiser ist ein Maler, der sich auf sehr tiefgründige Weise für die Malerei selbst interessiert, der Malerei nicht nur als Medium, als Träger von Inhalten begreift, sondern als eine eigene Weltanschauung. Gleichermaßen reflektiert wie intuitiv sucht er ihre bildnerische Potenzialität systematisch zu erkunden und auszureizen. Wie er dies tut, lässt sich gut nachvollziehen an einem Werk, das schon aufgrund seines großen Formats gleich besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht, dem großen Diptychon mit dem Titel „Das Konstrukt“. Auf zwei annähernd gleich großen Tafeln öffnet sich ein unbestimmter Raum mit einer undefinierbaren großen Konstruktion. Links ist eine hart konturierte schwarze Männerfigur in den kreidig-zarten Farbraum hineingesetzt, ihr korrespondiert rechts die schwarze Silhouette eines geflügelten Wesens, das sich lässig oben auf dem Gerüst niedergelassen hat. Zu seinen Füßen liegt eine Kugel, aufgrund derer man es als die unstete griechische Schicksalsgöttin Tyche assoziieren kann, aber nicht muss. Schaut man genauer hin, erweist sich der Raum als ein Künstleratelier, denn im Hintergrund hängen und lehnen Bilder an der Wand. Tatsächlich war der Raum, der Leander Kaiser als Vorbild für diese Bildschöpfung diente, ein Atelier, das ihm während eines längeren Arbeitsaufenthalts in Rom zur Verfügung stand, eine ehemalige palestra (Sporthalle). Darin befand sich auch das Modell für jenes undefinierbare Gerüst, es diente einer Malerin dazu, ihre extremen Großformate zu erstellen. Freilich ist der Bildraum alles andere als eine naturalistische Wiedergabe des realen Raumes, es ist ein vollkommen eigener, imaginärer Raum. Ein Raum ohne Begrenzungen, ohne stabile Wände, mit nur der Andeutung eines sich ins Ungewisse erhebenden Gewölbes. Eine Bodenkante ist zwar markiert, doch verschwindet im Farbauftrag. |
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