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Das Licht des Gegenwärtigen
Bemerkungen zu einigen Bildern von Leander Kaiser
Carla Babini, Wien 2008, Übersetzung Leander Kaiser
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deutsch / italiano

Wenn Kaiser in „Nachdenken über Piero“ Piero della Francesca direkt zitiert, so beruhen andere emblematische Werke - wie das mehrteilige „Beslan“-Bild - auf Quellen von eher prosaischer Aktualität (Zeitungsfotos, Fernsehbilder), und auch in diesem Fall scheint, daß sich bestätigt, was ich oben beschrieben habe, wenn auch im spiegelverkehrten Sinn. Die brennende Aktualität der Bilder, ihre brutaloffenkundige „Normalität“, enthalten einmal mehr dank des Lichts eine absolute, weil außerhalb der Zeit stehende Dimension.

Im Falle des „Beslan“-Triptychons überlassen die warmen, lebendigen Rottöne einem perlmuttartigen Graublau das Feld. Während bei „Nachdenken über Piero“ das mediterrane Licht an eine Existenzweise gemahnt, in der die menschliche Gegenwart noch in einem lebendigen Bezug zu einer bestimmten Umgebung steht, sind die menschlichen Figuren bei „Beslan“ in eine Art wässriger, opalisierender Lösung eingebettet dargestellt. Das Licht offenbart die sinnbildliche Wahrheit eines absoluten exemplum, das für jeden Ort, vor und nach Beslan gültig ist.

Aber vielleicht, um zu schließen, ist das Werk Kaisers, an dem sich diese Gedanken über das Licht in der Malerei am besten festmachen lassen, „Zwei Männer am Seil“, ein Teil des vierteiligen Bildes „Transit“. Auch hier war ein Zeitungsphoto, das mit dem ständig aktuellen Thema der oft illegalen Immigration zu tun hat, Ausgangspunkt des Gestaltungsprozesses. Die Originalität und Besonderheit des Gegenstandes findet ihre Form einmal mehr in der Darstellung des Lichts, in das die beiden Protagonisten eingetaucht, von dem sie umhüllt sind. Es handelt sich um pastose Grüntöne, die durchschnitten werden von einem goldigen Lichtstrahl, der die beeindruckenden und beunruhigenden Landschaften Giorgiones und Tiepolos in Erinnerung ruft. Eine Natur, die den Menschen noch umfängt, aber schon zerrissen ist von einer Moderne, die sich ankündigt und evoziert wird durch das gespannte Seil im Vordergrund, Symbol der schwierigen Suche nach einem möglichen Gleichgewicht.

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