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Macht des Steins - Würde des Menschen

Leander Kaiser, Wien, Februar 2010
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Standzuhalten gilt es auch der Wucht des Steins. Seine Monumentalität manifestiert eine wesentliche Zweideutigkeit: als symbolische Verkörperung der „Macht“ hat er etwas Einschüchterndes und Erschreckendes; als symbolische Verkörperung des Menschen in seiner Würde ermutigt er eben dazu, sich aufzurichten. Das entspricht dem Doppelsinn des Erhabenen: man kann sich von ihm niederdrücken lassen oder zu ihm erheben. Ulrike Trugers GIGANT ist kein naives Plädoyer für Menschenwürde und Menschenrechte. Er reflektiert im Stein das Problem seiner eigenen Monumentalität und die Spannung zur Thematik. „Macht“ ist hier nicht einfach das Böse. Sie lastet (das Gewicht des Steins), sie erhebt sich (die Höhe des Steins): denn der Mensch, der standhält, ist selbst ein mächtiges, Ehrfurcht gebietendes Wesen.

Von allen Denkmalsetzungen Ulrike Trugers zeigt der GIGANT die geringsten figuralen und narrativen Bezüge. Die universale Natur der Menschenwürde, die allen Menschen von Geburt aus zukommt und auch bedeutet, dass kein Mensch von vornherein unter eine Kategorie subsumiert werden darf, die nicht universal, für alle Menschen gültig ist, lässt sich nur schlecht oder symbolistisch durch eine menschliche Figur darstellen. Während bei Barnett Newman die Abstraktion des Themas aus dem Stil folgt, ist sie bei Truger eine inhaltliche Entscheidung. Es wird zwar eine Erinnerung angeschlagen an die Pathosformeln des Stehens in der Tradition einer Bildhauerei (etwa der Wotrubas), die unter Verzicht auf die Pathosformel des Sockels die Figur zu ihrem eigenen locus standi gemacht hat, und damit sowohl die Autonomie der Figur wie ihre Verbindung mit dem gemeinsamen Boden, auf dem wir alle stehen, betont hat. Der Stein, die Figur muss sich sozusagen selbst stützen und zeigen, wie sie sich hochstützt. Wie so oft bei Ulrike Truger ist das zugleich auch eine Spurensetzung für die Erinnerung und das Gedächtnis.